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Scheinselbstständigkeit und Steuerhinterziehung: Welche Konsequenzen drohen?

Dienstleistung im Steuerstrafrecht

BEWERTUNGEN

Scheinselbstständigkeit und Steuerhinterziehung: Welche Konsequenzen drohen?

Sind Sie als Freelancer oder Freiberufler tätig und stehen unter dem Verdacht der Scheinselbstständigkeit? Wurde Ihnen wegen dieser rechtlichen Situation eine Anzeige wegen Steuerhinterziehung erstattet? In diesem Rechtstipp erläutern wir, wann von Scheinselbstständigkeit gesprochen wird und ob diese automatisch Steuerhinterziehung bedeutet. Außerdem informieren wir über mögliche Strafen und das empfohlene Verhalten für Betroffene.

Was versteht man unter Scheinselbstständigkeit aus juristischer Sicht?

Berufliche Selbstständigkeit kann auf zwei Arten erfolgen:

  1. Als Freiberufler
  2. Als „freier Mitarbeiter“, auch als „Freelancer“ bezeichnet.

Der Unterschied zwischen den beiden Modellen liegt im jeweiligen Gewerbe: Freiberufler (wie Ärzte, Notare, Anwälte, Künstler usw.) sind nicht verpflichtet, ein Gewerbe anzumelden und müssen daher keine Gewerbesteuer zahlen.

Freie Mitarbeiter hingegen arbeiten auf Basis von Dienst- oder Werkverträgen, ohne ein direktes Anstellungsverhältnis mit ihrem Auftraggeber zu haben. Dadurch sind sie nicht weisungsgebunden und auch nicht sozialversicherungspflichtig, jedoch gewerbesteuerpflichtig.

Wenn eine Person nun als freier Mitarbeiter für ein Unternehmen tätig ist, das Arbeitsverhältnis aber in der Praxis die Merkmale eines klassischen Anstellungsverhältnisses aufweist, spricht man von Scheinselbstständigkeit. Diese Konstellation muss nicht zwangsläufig aus betrügerischer Absicht entstehen, sondern kann auch unbeabsichtigt vorkommen. Daher ist es wichtig, bei der Gestaltung von Dienst- und Werkverträgen darauf zu achten, dass keine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Dies gilt sowohl für Arbeitgeber als auch für Freelancer.

Typische Merkmale von Scheinselbstständigkeit

Es gibt kein eindeutiges Kriterium für die Feststellung von Scheinselbstständigkeit. Ausschlaggebend ist, dass der Status des freien Mitarbeiters in der Praxis wesentliche Merkmale eines Arbeitsverhältnisses aufweist. Typische Anzeichen sind unter anderem:

  • Der Freelancer erzielt den Großteil seines Einkommens (mindestens 5/6) aus nur einer Quelle.
  • Weisungsgebundenheit sowie eine Berichtspflicht gegenüber dem Auftraggeber.
  • Ein vertraglich festgelegter Urlaubsanspruch.
  • Das äußere Erscheinungsbild des Freelancers entspricht dem eines Angestellten (z. B. Firmenkleidung, keine eigenen Arbeitsmittel, Nutzung der Arbeitsräume des Unternehmens, Identifikation als Mitarbeiter durch Visitenkarten, Werbung oder eine Internetpräsenz).
  • Eine enge Integration in die Betriebsabläufe, beispielsweise durch Zusammenarbeit mit festangestellten Mitarbeitern.

Das Vorliegen eines einzelnen dieser Merkmale bedeutet jedoch nicht automatisch, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt. Im Falle einer Prüfung entscheidet das zuständige Gericht nach freiem Ermessen.

Wie wird Scheinselbstständigkeit überprüft?

In vielen Fällen sind Betriebsprüfungen der Auslöser für Ermittlungen zum Verdacht der Scheinselbstständigkeit. Sowohl die Finanzbehörden als auch Kranken- und Rentenversicherungen haben die Befugnis, routinemäßige Betriebsprüfungen durchzuführen und im Falle von Unregelmäßigkeiten oder auffälligen Vertragsverhältnissen eine genauere Untersuchung einzuleiten. Auch eine Anzeige kann eine Prüfung zur Folge haben.

Bei der Überprüfung eines Vertragsverhältnisses auf Scheinselbstständigkeit werden in der Regel die Vertragsbedingungen sowie die Rechnungen des Freelancers ausgewertet und die Betriebsabläufe des Unternehmens analysiert. Falls sich dabei Unstimmigkeiten herausstellen, kann dies zu einer Anzeige führen, und es werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.

Sowohl Auftraggeber als auch Freelancer haben die Möglichkeit, ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung zu beantragen, um ihren Fall zu klären und gegebenenfalls die Vertragsbedingungen anzupassen. Ein solches Verfahren kann jedoch nur dann beantragt werden, wenn noch kein offizieller Verdacht auf Scheinselbstständigkeit besteht.

Ist Scheinselbstständigkeit Schwarzarbeit?

Scheinselbstständigkeit wird gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) als eine spezielle Form von Schwarzarbeit angesehen. In diesem Fall deklariert der Auftraggeber das Arbeitsverhältnis nicht als solches, wodurch er unrechtmäßig Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge vermeidet. Dies hat zunächst zivilrechtliche Konsequenzen, kann jedoch auch strafrechtlich relevant werden, da die gesetzliche Steuerpflicht nicht erfüllt wurde.

Ist Scheinselbstständigkeit automatisch Steuerhinterziehung?

In den meisten Fällen führt nachgewiesene Scheinselbstständigkeit zu einem Verstoß gegen § 266a StGB (Vorenthaltung und Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen). Sollte jedoch das zuständige Gericht oder die Behörden der Ansicht sein, dass die Scheinselbstständigkeit absichtlich eingegangen wurde, um die Beiträge zu vermeiden, die in einem regulären Anstellungsverhältnis fällig wären, kann dies als Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO gewertet werden.

Je nach den Umständen des Einzelfalls kann sowohl der Auftraggeber als auch der freie Mitarbeiter strafrechtlich belangt werden. Das größte Risiko trägt jedoch der Auftraggeber, da er durch die Scheinselbstständigkeit des Mitarbeiters Steuern und Sozialabgaben vermeidet.

Welche Folgen hat Scheinselbstständigkeit?

Wird Scheinselbstständigkeit festgestellt, wird der betroffene Freelancer in der Regel rückwirkend als Arbeitnehmer eingestuft. Zunächst müssen die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuern für bis zu vier Jahre nachgezahlt werden. Die Hauptzahlungspflicht liegt beim Auftraggeber, der jedoch die an den Freelancer gezahlte Umsatzsteuer zurückfordern kann. Sollte die Scheinselbstständigkeit vorsätzlich erfolgt sein, kann die Nachzahlung auch auf bis zu 30 Jahre rückwirkend ausgeweitet werden. In der Regel kommen zusätzlich Säumniszuschläge hinzu.

Der als Freelancer deklarierte Arbeitnehmer muss lediglich seine Arbeitnehmeranteile für die letzten drei Monate nachzahlen.

Wurde durch die Scheinselbstständigkeit Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO begangen, können auch strafrechtliche Konsequenzen folgen.

Welche Strafen drohen bei Steuerhinterziehung aufgrund von Scheinselbstständigkeit?

Steuerhinterziehung kann mit hohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren bestraft werden. In besonders schweren Fällen, etwa bei Steuerhinterziehungen von mehr als 50.000 € oder wenn diese über einen langen Zeitraum gewerbsmäßig begangen wurden, können Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren verhängt werden.

Freiheitsstrafen werden in der Regel zur Bewährung ausgesetzt, es sei denn, es liegen bereits einschlägige Vorstrafen vor. Dennoch sind die Folgen aufgrund der potenziell hohen Nachzahlungen und der möglichen Strafen für den betroffenen Unternehmer gravierend. Es ist daher dringend zu empfehlen, bei der Erstellung von Dienst- oder Werkverträgen keinerlei Risiken einzugehen. Sollte auch nur der geringste Zweifel bestehen, ist es ratsam, den Vertrag von einem Experten überprüfen zu lassen. Im Zweifelsfall ist es steuerlich zwar komplexer, aber sicherer, fähige freie Mitarbeiter als reguläre Arbeitnehmer zu beschäftigen.

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Was tun, wenn Ihnen Scheinselbstständigkeit vorgeworfen wird?

Je nach den konkreten Vorwürfen kann ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung drohen, was ernsthafte Konsequenzen haben kann. In diesem Fall ist es entscheidend, einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht zu Rate zu ziehen, der Ihre Verteidigung übernimmt. Achten Sie unbedingt auf diese beiden Grundregeln:

1. Aussage verweigern:
Falls während einer Betriebsprüfung festgestellt wurde, dass Sie in Arbeitskleidung des Unternehmens unterwegs waren, könnte dies auf unbedeutende Details wie das Zufallstreffen mit Regen und der daraus resultierenden Kleidungsauswahl zurückzuführen sein. Solche Ermittlungen lassen sich oft schnell stoppen, insbesondere durch einen Anwalt. Wenn Sie jedoch in einer Vernehmung versehentlich anmerken, dass Sie auch Urlaub gemacht haben, könnte das Ihre Verteidigung erheblich erschweren. Nutzen Sie daher das gesetzliche Schweigerecht, um sich nicht selbst zu belasten. Alles, was später gesagt wird, kann in Absprache mit einem Anwalt erfolgen.

2. Anwalt einschalten:
Ein Anwalt übernimmt die Kommunikation mit den Behörden und beantragt Akteneinsicht. Nachdem er die Ermittlungsakte geprüft hat, kann eine fundierte Verteidigung vorbereitet werden, die oft zu einer Einstellung des Strafverfahrens führt.

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